Make sure you’re connected – The writing’s on the wall

Image by Pete Linforth from Pixabay

Make sure you’re connected – The writing’s on the wall 

Die Kraft von Netzwerken zur Skalierung neuer Ansätze für ökologische Nachhaltigkeit

Unsere Welt wird zunehmend komplexer. Während sich viele potentiell sehr einflussreiche Technologien rasant entwickeln und immer anspruchsvollere Wissensnischen entstehen, fehlen faire Bildungschancen und Fachkräfte. Wir erleben in digitalen Märkten eine starke Machtkonzentration von wenigen Konzernen, die ganze Bereiche dominieren und kleinen Anbieter*innen wenig Chancen lassen, setzen aber zunehmend auf die Innovationskraft der digitalen Transformation zur Lösung unterschiedlicher ökologischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Systeme. Diese Widersprüche lassen sich nur auflösen, wenn wir neue Rahmenbedingungen für nachhaltige Innovation und Digitalisierung schaffen, wofür wir darauf angewiesen sind neue Formen der Zusammenarbeit und des Lernens zu nutzen. Die Arbeit in Netzwerken und der kollaborative Austausch zwischen unterschiedlichen Akteuren kann ein elementares Werkzeug im Umgang mit Komplexität sein und zusätzlich dazu dienen, bessere Teilhabechancen und Impact-Bedingungen für Grassroot-Akteuren herzustellen. 

2021 untersuchten wir im Rahmen einer Studie wie zivilgesellschaftliche Akteure im Migrationsbereich mit neuen Technologien arbeiten und fanden heraus, dass sich neue Kooperationen in Form von neuen Netzwerken und sogenannten hybriden Akteuren ergaben. Diese bestanden oft aus informellen Zusammenschlüssen von Migrations- und Technologieexpert*innen, die sich in den jeweiligen Bereichen ehrenamtlich engagierten, oder ihren jeweiligen Organisationen. Solche hybriden Akteure übernahmen eine Vermittler*innenrolle zwischen verschiedenen Organisationskulturen, um eine schnellere Reaktion und einen schnelleren Austausch vor Ort zu ermöglichen. Diese neuen Kooperationen bringen nicht nur zuvor getrennte Akteure zusammen, sondern bringen auch neue Dynamiken der Zusammenarbeit hervor. Die Zusammenarbeit konzentriert sich nicht mehr auf die Projektebene, sondern ist häufig umfangreicher im Hinblick auf eine längerfristige Aufgabenteilung, den Aufbau von Fähigkeiten und Kapazitäten unter Gleichgesinnten oder die Zusammenarbeit im Ökosystem. Anstatt auf Kapazitätsdefizite mit der Schaffung neuer interner Expertise zu reagieren, ist Zusammenarbeit der Schlüssel.

Aus diesen Formen der Kooperation lässt sich viel für andere Sektoren und Arbeitsbereiche ableiten, beispielsweise für das weitere Zusammenbringen von Akteuren und Themen zur digitalen Transformation und zur Nachhaltigkeit. So können Netzwerke als Schlüsselwerkzeug dazu beitragen, eine nachhaltige Zukunft zu gestalten indem sie neue Konzepte und Wissen effektiver teilen und Innovationen nachhaltiger skalieren. 

große Globus Installation in einem öffentlichen Gebäude, der Globus besteht aus vielen Mosaiks

Foto von Romain Tordo auf Unsplash

Nicht nur in Startups und an Universitäten, auch in vielen Makerspaces und Innovation Hubs findet die Entwicklung innovativer Lösungen und Produkte statt. Im Mboa Lab in Kamerun, zum Beispiel, werden spezialisierte Enzyme, für Biotechnologieanwendungen, die keine Kühlung benötigen, entwickelt. Solche Orte bieten Zugang zu Technologien, Wissen und Netzwerken und spielen deswegen in Innovationsökosystemen vieler Länder eine entscheidende Rolle. 

Natürlich braucht es nicht nur neue einzelne, technische Lösungen, sondern neue Systeme und grundlegende Ansätze, und starke Netzwerke, um neue Arten der Produktion, des Konsums und des Handelns zu ermöglichen und größere Transformationsprozesse zu befähigen. 

Distributed Manufacturing oder verteilte Fertigung könnte so eine große Veränderung herbeibringen und einen entscheidenden Beitrag zur zirkulären und grünen Wirtschaft sowie zur Stärkung resilienter Lieferketten leisten. Durch digitale Fertigungsprozesse, wie 3D-Druck können Konzepte wie Distribuierte Produktion Realität werden – statt an einem Ort viele Dinge zu produzieren die dann CO2-lastig transportiert werden müssen, könnten in Zukunft viele Orte wenige Mengen produzieren, die lokal gebraucht werden. So können Überproduktion und CO2-Emissionen minimiert werden. 

Es gibt viele Beispiele wie distribuierte Produktion bereits heute eingesetzt wird. Ein Beispiel sind hier Startups wie ItoIto, bei denen man sich einen individuellen Pullover stricken lassen kann, der lokal produziert wird, keine Lagerfläche braucht und keine Überschüsse oder Abfall erzeugt. 

Es gibt außerdem verschiedene Plattformen mit offenen Bauplänen, wie Appropedia. Es gibt das Open Source Ecology Netzwerk, oder Communities wie Precious Plastics. Diese Plattformen und Communities arbeiten alle mit offenen Technologien. Offene Hardware und Software sowie offene Wissensressourcen und Daten sind nachhaltig, weil sie Ressourcen teilen, adaptieren und skalieren, statt immer wieder neu zu entwickeln und eine technische Grundlage für zirkuläres Wirtschaften schaffen. 

Graffiti Kunst auf einem Haus, abgebildet ist ein Schriftzug "Together we create" mit einem Pinsel mit Farbe

Foto von Nazarizal Mohammad auf Unsplash

Die Initiative Bits und Bäume ist ein wichtiges Beispiel für hybride Strukturen zwischen Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsakteuren. Wie auch im Bereich Migration ist hier die Zivilgesellschaft Vorreiterin für die Entwicklung und Umsetzung innovativer Kooperationskonzepte. Die explorative Entwicklung einer gemeinsamen Agenda, sowie die unterschiedlichen Austauschformate sind ein Ausdruck der Kooperationskultur. Andere Akteure könnten von solchen Formaten lernen und von mehr Engagement in offenen Kooperationsstrukturen profitieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Arbeitens in Netzwerken ist das offene Teilen von Wissen und Prozessen. So ist zum Beispiel Open Source eine wichtige technische Grundlage für offene, nachhaltige Kooperation und Netzwerkarbeit. Offene Schnittstellen und Interfaces ermöglichen das einfache Teilen und Adaptieren von Wissen. Offene Wissensressourcen und Kommunikationsmöglichkeiten ermöglichen gemeinsames Lernen und die Bildung gemeinsamer kultureller Grundlagen. Umso bedeutsamer ist es, die Entstehung von Ökosystemen durch die Bildung von Netzwerken zu beobachten, die sich beispielsweise im Bereich offene Hardware und nachhaltige Digitalisierung entwickeln. Es gibt verschiedene Plattformen mit offenen Bauplänen, darunter zum Beispiel Appropedia. Es gibt das Open Source EcologyNetzwerk oder Communities wie Precious Plastics. Diese Plattformen und Communities arbeiten alle mit offenen Technologien, und schaffen Grundlagen für zirkuläres Wirtschaften.

Neben dem Austausch von Wissen in hybriden Strukturen und neuen Ökosystemen ist das Arbeiten in Netzwerken auch von zentraler Relevanz für die Umsetzung neuer, nachhaltigerer Wirtschaftskonzepte und innovativer Ansätze, die durch die Verfügbarkeit neuer Technologien möglich werden. Ob bei der Zusammenarbeit unterschiedlicher Stakeholder im Rahmen der Wasserstoff-Reallabore in Deutschland oder bei der Erprobung zirkulärer Wirtschaftssysteme braucht es die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteuren. 

Distributed Manufacturing oder verteilte Fertigung könnte so einen großen Wandel herbeiführen und einen entscheidenden Beitrag zu einer zirkulären und grünen Wirtschaft sowie zur Stärkung resilienter Lieferketten leisten. Durch digitale Fertigungsverfahren wie den 3D-Druck können Konzepte wie die Distributed Manufacturing Realität werden – statt an einem Ort viele Dinge zu produzieren, die dann CO2-intensiv transportiert werden müssen, könnten in Zukunft, viele Orte wenige Dinge produzieren, die lokal benötigt werden. So können Überproduktion und CO2-Emissionen minimiert werden. Diese Art der Produktion in Netzwerken bewährt sich auch immer wieder in Krisenfällen, sei es bei Pandemien oder Naturkatastrophen, wo z.B. lokale Makerspaces medizinische Hilfsgüter produzieren und lokale Communities versorgen. Auch außerhalb von Krisenfällen gibt es bereits verschiedene Beispiele, wie die verteilte Produktion bereits heute eingesetzt wird. Wichtig ist auch hier die Arbeit vieler unterschiedlicher Organisationen in Netzwerken, die durch organische Arbeitsteilung gemeinsam ein Ökosystem bilden.

zwei Personen halten einen Workshop vor einem großen Schild "MAKERSPACE"

GIG-members having a workshop at re:publica23 – Foto von GIG auf Flickr

Der Multi-Stakeholder Ansatz ist eine andere Art des Arbeitens in Netzwerken, das sich als Beteiligungsinstrument für komplexe politische Themenbereiche bewährt. Ein gutes Beispiel für Multi-stakeholder-Netzwerke ist FabCities, ein globales Städtenetzwerk für zirkuläres Wirtschaften. Die Vision hinter einer “Fabrication City”, kurz Fab City ist, dass eine Stadt (fast) alles, was sie konsumiert, selbst produzieren kann. Umsetzungsgrundlagen sind eine konsequente Kreislaufwirtschaft mit neuen Produktionsverfahren aus offen zugänglichen Maschinen, eine neue digitale Infrastruktur für die Stadt und eine umfassende Teilhabe der Stadtbewohner*innen. Hamburg wurde 2019 als erste deutsche Stadt Fab City. Weltweit gehören 52 Städte dem Netzwerk an, darunter zum Beispiel Boston, Augsburg, Barcelona und Paris. In Hamburg ist FabCity als gemeinnütziger Verein mit einer Vielzahl unterschiedlicher Organisationen und Mitglieder*innen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft organisiert. Darüber hinaus wird Fab City Hamburg von der Hamburger Behörde für Wirtschaft und Innovation unterstützt. Das Netzwerk ist urban und international – Fab City OS ist der Open Source Stack für den Betrieb von Städten. Ansätze wie FabCities sind wichtig, um neue Narrative zu entwickeln, wie eine nachhaltige und faire Digitalisierung unserer Gesellschaften aussehen kann und unter welchen Zielprämissen sie stattfindet.

Eine nachhaltigere digitale Transformation braucht solche Narrative, ebenso braucht sie vielfältige Akteure, die sie umsetzen. Nicht alle Projekte sind darauf ausgerichtet marktfähigen Lösungen entwickeln, aber alle sollten die Chance haben, ihr Wissen zu teilen und ihre Ideen zu entwickeln. Gerade Grassroot Innovation und Open Source Projekte, die nicht mit Millionen an Venture Capital finanziert werden, brauchen starke Netzwerke, damit relevante neue Ansätze und Lösungen unterstützt und skaliert werden und globale Wirkung entfalten können und nicht nur Nischenlösungen für Einzelfälle bleiben. Ein Netzwerk, welches sich genau in diesem Themenbereich engagiert, ist das Global Innovation Gathering (GIG). GIG vernetzt Innovation Hubs wie Makerspaces und Open Tech Initiativen, die in erster Linie für lokale Communities arbeiten und dabei lokal relevante Innovationen entwickeln.

In unserer Big-Tech- und plattformdominierten Digitalwirtschaft brauchen wir vielleicht nicht „the next big thing“, um ein Gegengewicht oder neue, nachhaltigere, innovativere und gerechtere Räume zu schaffen. Vielleicht brauchen wir stattdessen „many connected small things“. Federated Web und Open-Source-Technologien können hierfür die Grundlagen bieten.