Digitale Kultur und internationale Projekte

Foto: https://pinaryoldas.info/WORK/Designer-Babies-2013

Digitale Kultur und internationale Projekte

In unserem Kulturimpuls präsentieren wir spannende Projekte, Künstler:innen, Spiele u.v.m. rund um digitale Kultur und gesellschaftlichen Wandel. Dieses Mal u.a. mit Pinar Yoldas und einer digitalen Aktivismusbewegung!

Pinar Yoldas – Dark Botany

Pinar Yoldas, die bereits mit fünf Jahren ihre Kunst in der Türkei ausstellte, entdeckt heute als Designerin, Künstlerin und Forscherin verschiedene Kunstformen, um sich Themen wie Posthumanismus, Neurowissenschaften und feministischer Technowissenschaft zu widmen. Mit Projekten wie „An Ecosystem of Excess“, welches ein posthumanes Ökosystem aus imaginierten Organismen darstellt, oder mit „The Kitty AI: Artificial Intelligence for Governance“, einer Regierung, die von einer Katzen AI geführt wird, erforscht Yoldas spielerisch die Grenzen zwischen Wissenschaft, Technologie und Kunst. In ihrer Doktorarbeit „Spekulative Biologie: Neue Wege der Kunst im Zeitalter des Anthropozäns“ erkundete Yoldas außerdem Themen Ökozid, Unwahrnehmbarkeit und das Anthropozän. Yoldas verbindet spannende interdisziplinäre Elemente auf unerwartete Weisen und schafft damit innovative Kunstwerke, die zum Nachdenken anregen. Hier könnt ihr ihren re:publica Vortrag vom letzten Jahr zum Thema „Dark Botany:Speculative Biology for Climate Crisis“ anschauen.

Pinar Yoldas: An Ecosystem of Excess, Ausstellung im Projektraum der Schering Stiftung, Detail “Stomaximus”, 2013.

Be Water“ – The Future of Protest 

Die Proteste in Hong Kong von 2019 bis 2020 zeichneten sich besonders durch innovative und künstlerische Formen von digitalem Aktivismus aus. Unter Einbezug von Musik und verschiedensten Technologien, konnten Aktivist*innen anonym und großflächig auf die Konsequenzen des geplanten Auslieferungsgesetzes aufmerksam machen, welches, unter anderem, die Auslieferung von Gefangenen an die Volksrepublik China beinhaltet. Der digitale Aktivismus wurde genutzt, um auf alternativen friedlichen Wegen Meinungen zu äußern ohne aktiv an den Protesten teilzunehmen. Auf diese Weise konnten Aktivist*innen durch die Nutzung von Pseudonymen ihre Identität schützen und zugleich große Menschenmassen erreichen. Die Protest-Kunst wurde inspiriert von Popkultur und den bildenen Künsten, dabei diente eine humorvolle Art und Weise dazu, die Spannung aus der Lage zu nehmen. Die Protest-Kunst bediente sich oft japanischer Anime und anti-autoritären Themen. In 2020, wurden die Hongkonger Aktivist*innen für ihren innovativen und kreativen digitalen Protest mit der Goldenen Nicas der Ars Electronia ausgezeichnet. Eric Siu und Joel Kwong reichten die Bewegung unter dem Titel „Be Water“ bei dem Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft ein. Die Bezeichung „Be Water“ spielt auf eine Aussage von Bruce Lee und meint die Fähigkeit sich Situationen entsprechend anzupassen und transformationsfähig zu sein. 

Bruce Lee: “Be formless, shapeless, like water. Now you put water into a cup, it becomes the cup. You put water into a bottle, it becomes the bottle. You put it in a teapot, it becomes the teapot. Now water can flow or it can crash. Be water, my friend.”

Diese Philosophie wurde von den Hongkonger Aktivist*innen adaptiert, indem sie durch die extrem dezentralisierte Bewegung stets ungreifbar für die Staatsgewalt blieben. 

Foto von Chris Yang auf Unsplash

Afrofuturismus 2.0: Das Black Speculative Arts Movement 

Das Black Speculative Arts Movement ist eine globale Community der Afrikanischen Diaspora, die mithilfe von neuen spekulativen Methoden Wege sucht eine inklusivere zukünftige Gesellschaft zu schaffen. Die Bewegung vereint Künstler*innen und Interlektuelle aus verschiedensten Bereichen, unter anderem, dem Afrofuturismus, der Astro Blackness, oder den Black Science Fiction. Sie alle vereint sowohl die Auseinandersetzung mit dem Spekulativen und Design als auch mit Technologie und Ethik. Quentin VerCetty Lindsay ist Mitbegründer und Direktor des Black Speculative Arts Movements. In seiner Arbeit verbindet er die zweite Welle des Afrofuturismus mit neuen, inklusiven und intersektionalen Perspektiven auf öffentlichen Raum. Sein Projekt „Missing Black Technofossils Here“ ist ein futuristisches Werkzeug, um darauf aufmerksam zu machen, dass es zu wenige Denkmäler Schwarzer Körper in Teilen Kanadas gibt. VerCetty entwirft für das Projekt imaginäre Denkmäler für historische und gegenwärtige lokale Schwarze Persönlichkeiten, die an futuristischen öffentlichen Orten ausgestellt werden. Der Afrofuturismus 2.0 zeichnet sich insbesondere dadurch aus Gegengeschichten zur eurozentristischen Erzählung zu entwerfen und Wissen zu ergänzen. Damit rückt er Schwarze Leben und ihre Erfahrungen in den Vordergrund, um Schwarze Zukünfte zu imaginieren. 

Joshua Glover Memorial: July 30, 2021. Image of monument sculpture entitled “Stepping Forward Into History” photo by Jose San Juan


H.O.R.I.Z.O.N.

Habitat One: Regenerative Interactive Zone of Nurture 

H.O.R.I.Z.O.N. oder „Habitat One: Regenerative Zone of Nurture“ ist ein multi-player Computerspiel von dem Kunstkollektiv Institute of Queer Ecology und wurde für die Guggenheim Ausstellung 2020 namens „Countryside, The Future“ entwickelt. Das Spiel wurde zu einem Zeitpunkt kreiert als es wegen des Covid-19 Virus nicht möglich war in Ausstellungen zu gehen. Das zum Download bereitstehende H.O.R.I.Z.O.N. bot daher als partizipatives Kunstwerk innovative Möglichkeiten, an Künstler*innen- Vorträgen und Workshops teilzunehmen. Besucher*innen konnten außerdem Teil der interaktiven ‚digitalen Kommune‘ werden und so ihre Umwelt entdecken. Weltweit imaginieren Künstler*innen zukünftige Realitäten ohne Diskriminierung und erforschen gleichzeitig welche Rolle Technologien hierbei spielen können. Im Gegensatz zu großen Tech-Giganten, die oftmals eine kapitalistische Agenda verfolgen, versuchen viele digitale Künstler*innen den Nutzen von digitalen Technologien für marginalisierte Gruppen und mehr Klimabewusstsein hervorzuheben.